Die weltweiten Kanzleien haben aufgrund der Corona-Pandemie ihre Büros geschlossen, und immer mehr von ihnen denken darüber nach, ob diese vorübergehende Maßnahme zur neuen Normalität werden könnte. Als überörtlich tätige Kanzleiberater möchten wir einige der Lektionen, die wir in dieser außergewöhnlichen Zeit gelernt haben, mit unseren Kunden und Kontakten teilen. Es wird deutlich, dass viele Kanzleien ihre bestehenden Richtlinien und Arbeitsmethoden überdenken, und wir möchten unsere Erfahrungen weitergeben, um auch in dieser neuen Arbeitswelt eine erfolgreiche Zusammenarbeit zu gewährleisten.
Transparenz als Schlüssel zum Erfolg
In einer klassischen Kanzlei ist Transparenz nicht nur ein Wert, sondern auch eine Notwendigkeit, um eine effektive Zusammenarbeit zu fördern. Diese Anforderung gewinnt besonders in Zeiten von Home-Office an Bedeutung. Viele von uns denken, dass sie transparent sind – aber was bedeutet das wirklich, wenn wir aus der Ferne arbeiten?
Entscheidungsfindung offenlegen
Um eine offene Arbeitsumgebung zu simulieren, ist es wichtig, Entscheidungen klar und nachvollziehbar zu kommunizieren. In der Praxis bedeutet dies, dass alle nicht-privaten Sitzungen in einem öffentlichen Kalender eingetragen werden, und die Notizen nach der Sitzung für alle zugänglich gemacht werden. Eine zentrale Kalenderfunktion (z. B. in Outlook) ermöglicht es, Termine zu koordinieren und auch die wichtigen Ergebnisse festzuhalten.
Individuelle Arbeitszeit im Kalender vermerken
Der persönliche Arbeitszeitplan sollte transparent sein. Ein Statusbericht, der in Outlook oder einer Kanban-Software wie Trello festgehalten wird, gibt allen Teammitgliedern einen klaren Überblick darüber, wann jemand erreichbar oder beschäftigt ist. Dies hilft dabei, Missverständnisse zu vermeiden, insbesondere wenn eine Person zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erreichbar ist.
Auslastung anzeigen
Die Auslastung eines Mitarbeiters ist in der virtuellen Umgebung nicht immer sichtbar. Deshalb sollte jeder in seiner Kommunikation über seine Verfügbarkeit Bescheid geben. Mithilfe von Statusanzeigen (z. B. „Verfügbar“, „Beschäftigt“, „Abwesend“) in Outlook und Teams können alle sehen, wann jemand erreichbar ist oder wann sie sich auf wichtige Aufgaben konzentrieren.
Teamsitzungen und regelmäßige Kommunikation etablieren
Wöchentliche Teambesprechungen, die in virtuellen Meetingräumen wie Microsoft Teams oder Zoom stattfinden, sind ein bewährtes Mittel, um den Austausch von Informationen zu fördern. Es ist wichtig, dass nicht nur Anwälte, sondern auch Sekretärinnen und andere Teammitglieder an diesen Meetings teilnehmen. In Zeiten von Home-Office fehlt die informelle Kommunikation („Flurfunk“), die sonst eine wichtige Rolle im Austausch spielt.
Zeitmitschriften führen
Als Anwalt ist es unerlässlich, alle auf Mandaten verbrachten Stunden genau zu protokollieren. Dies fördert nicht nur die Transparenz, sondern hilft auch dabei, die eigene Produktivität zu reflektieren. Zeitmitschriften sollten regelmäßig eingetragen werden – auch die nicht-produktiven Zeiten –, um ein vollständiges Bild der Arbeitsweise zu erhalten.
Vertrauen als Grundlage
Besonders im Home-Office ist es wichtig, Vertrauen zu zeigen. Ein gewisses Maß an Kontrolle ist notwendig, aber zu viel Kontrolle kann die Zusammenarbeit und die Motivation schnell beeinträchtigen. Vertrauen ist der Schlüssel, um ein effektives Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem alle ihr Bestes geben können.
Kommunikation im Home-Office: Die richtige Balance finden
Es gibt kein „zu viel“ oder „zu wenig“ Kommunikation – vielmehr geht es darum, die richtige Balance zu finden. Während der persönlichen Kommunikation im Büro ein gewisser Fluss gegeben ist, muss dieser im Home-Office bewusst gestaltet werden.
Kernzeit für Kommunikation festlegen
Wir empfehlen, feste Zeiten für die Erreichbarkeit festzulegen. Ein Beispiel: Die „Kernzeit“ von 09:00 bis 12:00 Uhr und 14:00 bis 16:00 Uhr bietet allen Teammitgliedern die Gewissheit, dass sie zu diesen Zeiten ohne Vorankündigung miteinander kommunizieren können. Diese Kernzeiten helfen, den Arbeitsalltag zu strukturieren und den Austausch von Informationen zu gewährleisten, ohne dass ständig Besprechungen stattfinden.
Offline-Zeiten kommunizieren
Ebenso wichtig ist es, festzulegen, wann Teammitglieder nicht verfügbar sind. Dies kann beispielsweise die Abholung eines Kindes oder ein Arzttermin sein. Wenn alle Teammitglieder wissen, dass eine Person zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erreichbar ist, erleichtert dies die Planung und verhindert Missverständnisse.
Besprechungshygiene: Vorbereitung und Nachbereitung
Auch virtuelle Meetings erfordern eine gewissenhafte Vorbereitung und Nachbereitung. Es ist wichtig, dass alle Meetings gut organisiert und mit klaren Zielen durchgeführt werden.
Vorab-Ankündigungen und Agenden
Eine ordentliche Planung ist das A und O. Das bedeutet, dass Meetings immer im Voraus angekündigt und mit einer klaren Agenda versehen werden sollten. Dokumente, die vorab überprüft werden müssen, sollten ebenfalls rechtzeitig verteilt werden.
Notizen und Nachbereitung
Während der Besprechung sollte jemand Notizen machen, die später an alle Teammitglieder weitergegeben werden. So wird sichergestellt, dass niemand wichtige Informationen verpasst. Ein zentraler Ort für diese Notizen, beispielsweise in einer Kanban-Software, erleichtert den Zugriff und die Nachverfolgung der besprochenen Punkte.
Nächste Schritte organisieren
Es sollte immer klar sein, welche Schritte nach dem Meeting unternommen werden müssen. Dies sollte in einer gemeinsamen Übersicht dokumentiert werden, damit alle Teammitglieder ihre Aufgaben kennen und wissen, was als Nächstes zu tun ist.
Der informelle Austausch: Virtuell aber trotzdem persönlich
Auch wenn der persönliche Kontakt im Home-Office eingeschränkt ist, ist es wichtig, den informellen Austausch aufrechtzuerhalten. Dieser kann durch einfache Maßnahmen wie Video-Chats oder die Nutzung von Symbolen und Emojis in der Kommunikation gefördert werden.
Virtuelle Kaffeepause
Ein kleines Video-Gespräch bei einem Kaffee oder sogar ein gemeinsames virtuelles Bier können dabei helfen, das Teamgefühl zu stärken. Solche informellen Gespräche bieten die Möglichkeit, persönliche Themen anzusprechen und das Team enger zusammenzubringen, auch wenn der persönliche Kontakt fehlt.
Erfolge feiern und Lob aussprechen
Kleine Erfolge sollten gefeiert und Lob ausgesprochen werden. Dies kann über eine Chat-Funktion in einer Software wie Microsoft Teams erfolgen. Diese positiven Rückmeldungen stärken das Vertrauen im Team und tragen dazu bei, dass alle motiviert bleiben.
Fazit: Erfolgreiche Zusammenarbeit im Home-Office
Die Umstellung auf Home-Office erfordert ein Umdenken in der Zusammenarbeit. Mit klaren Spielregeln für Transparenz, Kommunikation und Teamarbeit lässt sich auch in der virtuellen Welt ein starkes Teamgefühl aufrechterhalten. Durch Vertrauen, regelmäßige Meetings und die Nutzung moderner Technologien können Kanzleien nicht nur ihre Effizienz steigern, sondern auch ein angenehmes Arbeitsumfeld schaffen. Letztlich kommt es darauf an, dass man sich anpasst, kreativ ist und die Vorteile der digitalen Tools für eine noch bessere Zusammenarbeit nutzt.